Café: zwei Jahre am Markt ohne Gewinn?
Frage
Wir betreiben in ein kleines Café mit fair-gehandeltem Bio-Kaffee, Tee usw. Nach zwei Jahren des Betreibens dieses Unternehmens haben wir es noch nicht geschafft, einen Gewinn zu erzielen. Die Kunden sind größtenteils laut Gästebefragung zu fast zu 100% zufrieden mit dem Angebot. Alle Kosten werden ohne Kredite usw. gedeckt. Wie wir schon herausgefunden haben, ist der Standort in einer kleinen Nebenstraße scheinbar falsch gewählt worden. Es gibt nur wenig Laufkundschaft. Nun möchte ich gern wissen, ob es nach Ihrer Meinung in dieser Situation noch möglich ist, jemals Gewinne zu erzielen, nach zwei Jahren Geschäftsbetrieb?
Antwort
Grundsätzlich ist es zunächst einmal beachtenswert und positiv, dass Sie ganz ohne Kredit auskommen und alle laufenden Kosten (laut Ihren Angaben!) über das Unternehmen bzw. aus Eigenkapital decken können. Das ist schon einmal eine gute Basis - und Sie sind damit weiter wie viele andere neu gegründete Betriebe in dieser Branche!
Gleichwohl genügt das natürlich dauerhaft nicht, da Sie das Café ja nicht nur als "Hobby" betreiben möchten, sondern ein entsprechender Gewinn -> auch im Sinne eines "Unternehmerlohnes" erwirtschaftet werden sollte.
Auf die Distanz und auf Basis der vorliegenden Informationen ist es natürlich nicht ganz so einfach eine pauschale Aussage zur s.g. Tragfähigkeit zu treffen. Grundsätzlich besteht selbstredend auch nach zwei Jahren die Möglichkeit in die Gewinnzone zu kommen - aber Ihr jetziges Konzept sollte auf den "Prüfstand" gestellt werden.
Denn nach zwei Jahren ist die Anlaufzeit auf jeden Fall abgeschlossen und im Ergebnis wird das derzeitiges Konzept auch in Zukunft voraussichtlich nicht besser funktionieren als bisher - heißt, Gewinne sind ohne eine Anpassung des Konzeptes nicht zu erwarten. Daher sollten Sie nunmehr jetzt aktiv an einer neuen Strategie arbeiten.
Zunächst sollte dazu fürwahr betrachtet werden, was die Ursachen des fehlenden Gewinnes sein könnten. Die Ursachen für fehlende Gewinne und mitunter Verluste können natürlich vielfältig sein.
Ihr erster Ansatz - die "Frage nach dem Standort" ist dabei auch immer ein wichtiger Faktor in der Gastronomie und es ist absolut richtig, diesen zu hinterfragen. Dabei gilt es jedoch auch genau abzuwägen - Ihr derzeitiger Standort in einer kleinen Nebenstraße ist jetzt eingeführt - bei den "Stammkunden" bekannt - und es gibt sicher Gründe, warum die Kunden wiederkommen und sich überwiegend positiv äußern - mitunter könnte das auch an den Räumlichkeiten und gerade an dem Standort in der Nebenstraße liegen!?
Oder ist es der gute Service und das gute Angebot!? und die Stammkunden würden auch mit an einen neuen Standort kommen und ggf. auch minimal mehr bezahlen!?
Diese Frage sollten Sie sich stellen und beantworten.
Daneben ist auch zu betrachten, wie hoch Ihre Mietkosten sind - es ist durchweg naheliegend, dass Sie in der jetzigen Lage eine günstigere Miete zahlen, als an einem "Laufkundschaft-Standort“.
Bei einer Mehrmiete ist genau zu überlegen, ob diese auch durch Mehrkunden - i.S. einer "Laufkundschaft" - ausgeglichen werden kann!
Und es ist zu betrachten, was an einem neuen Standort ggf. neu investiert werden muss - auch das müsste dann mit erwirtschaftet werden.
Wie Sie sehen können, gilt es hier genau zu überlegen und abzuwägen und eine Lösung muss auch nicht zwingend in einem Standortwechsel liegen.
Kommen Sie nach der Abwägung zu dem Entschluss, den jetzigen Standort erst mal noch beizubehalten - auch wenn es (derzeit noch!) an Laufkundschaft mangelt, gilt es an anderen "Stellschrauben" zu drehen - also entweder den Umsatz zu erhöhen oder die Kosten zu senken.
Zur Erhöhung des Umsatzes haben Sie mehrere "Stellschrauben": z.B.
- Die Preise moderat anzuheben (auch wenn erst mal nur bei bestimmten Produkten!),
- Zusatzprodukte anzubieten und diese etwas großzügiger zu kalkulieren,
- aktive Werbung beitreiben um gleichermaßen mehr Stammkunden zu bekommen, als auch "Laufkundschaft" in Ihr Café zu "locken".
Empfehlen können wir Ihnen all die vorgenannten Maßnahmen!
"Wie bekommen Sie nun mehr Gäste ins Haus?"
Hier bietet es sich immer an, sich mal Gedanken über Ihre Zielgruppe zu machen - wen wollen Sie denn genau ansprechen? Auch bei einem Café gibt es verschiedene Zielgruppen - Studenten? eingeschworene "Grüne"? ökologische "Normalbürger"? jeden aus der direkten Nachbarschaft !? etc.
Zusätzlich lohnt sich dazu auch mal die Betrachtung des direkten Wettbewerbes - was unterscheidet Sie, Ihr Angebot von allen Anderen!? Warum sollte ich gerade zu Ihnen in das Café kommen!?
Daran ist die Einrichtung, die Produktpräsentation oder auch das Auftreten des Services auszurichten. Akquirieren Sie die definierte Zielgruppe über geeignete Werbemaßnahmen - und das muss auch gar nicht teuer sein - manchmal tut es ein gut gemachter "Werbezettel" (der Ihre "Besonderheiten" aufführt und mich als Kunden motiviert zu Ihnen (in die Nebenstraße!) zu kommen) - der über Internetdruckereien günstig geordert werden kann - und z.B. in der Nachbarschaft und/oder ausgewählten Plätzen verteilt wird....
"Wie kann der Umsatz pro Gast erhöht werden?"
Bieten Sie z.B. Ihre Produkte aktiv den Gästen zum Mitnahmekauf an. Ist eine Preiserhöhung durchsetzbar? Für fair gehandelte Ware werden höhere Preise meist akzeptiert.
An dieser Stelle sei auch die Kalkulation als Stichwort genannt. Hier müssen Sie die Balance zwischen den Marktpreisen und der Abdeckung Ihren tatsächlichen Kosten finden.
Weitere Chancen zur Erhöhung des Umsatzes jenseits der Laufkundschaft könnten Zusatzleistungen/-angebote sein: z.B. Verkauf von Bio-Kaffee, Tee, regionalen Produkten usw. an Privatkunden oder an andere Cafés mit Lieferung, Catering mit Ausrichtung "Kaffeetafel", z.B. für Geburtstage, Hochzeiten, Jubiläen o.ä.
Bei diesen Angeboten könnten Sie z.B. an Eventagenturen oder Hochzeitsplaner herantreten, um Kooperationen zu schließen.
Die nächste Stellschraube ist die Senkung der Kosten.
Zu den größten Kostenblöcken gehören in der Gastronomie i.d.R. der Wareneinsatz, Personal und Raumkosten. Überprüfen Sie diese und versuchen Sie diese zu senken, wo möglich und sinnvoll. Wo und zu welchem Preis kaufen Sie die Waren ein? Verhandeln Sie mit den Lieferanten oder suchen Sie sich neue. Wie viel Personal ist tatsächlich nötig und ist die Vergütung angemessen? Können Sie Angestellte oder Aushilfen evtl. über Familienmitglieder oder Freunde ersetzen, die bereit sind, Sie zum "kleinen Preis" zu unterstützen!?
Ist die Höhe der Miete angemessen oder können Sie den Mietpreis reduzieren? Wie sieht es mit den Nebenkosten aus? Bei Heizung und Strom können Sie zu einem günstigeren Anbieter wechseln.
Welche weiteren Kosten können Sie senken oder ganz einsparen? Durchforsten Sie alle Rechnungen und Belege. Prüfen Sie Versicherungsverträge, Telefontarife, etc. - können Sie ggf. bislang eingekaufte Dienstleistungen selbst übernehmen - z.B. die Wäsche oder Reinigung!?
Wie Sie sehen, gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, die die jetzige Situation durchweg verbessern können - aber SIE müssen aktiv werden!
Stellen Sie die "neuen" Kosten und Umsätze in einem konkreten Rentabilitätsplan zusammen, um zu überprüfen, ob das neue Konzept tragfähig ist. Vergessen Sie dabei nicht, dass dieses neue Konzept auch bekannt gemacht werden muss und dazu Werbe- und Marketingmaßnahmen nötig sind.
Besprechen Sie diesen Rentabilitätsplan auch z.B. mit Ihrem Steuerberater oder einem branchenkundigen Berater.
Letztlich ist es nicht auszuschließen, dass die Unternehmensstruktur nicht so gestaltet werden kann, um das Unternehmen als Haupttätigkeit fortzuführen - auch die Reduzierung der Tätigkeit auf eine Nebentätigkeit mit begrenzten Öffnungszeiten bei gleichzeitiger Aufnahme einer unselbständigen Arbeit könnte dann eine Lösung sein!
Wir wünschen Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg und hoffen Ihnen mit den Angaben etwas weitergeholfen zu haben.
Quelle:
German Drechsler
THINK Gruppe, BDU
c/o THINK Unternehmensentwicklungs GmbH
November 2013