Ausbildungsinstitut für Coaching gründen: Rechtsform? Freiberuflichkeit?

Frage

Ich bin freiberuflich als Business Coach tätig und plane mit einer Partnerin (ebenfalls freiberuflich als Business Coach tätig) ein Ausbildungsinstitut für Coaching zu gründen. Wir wollen unser Wissen angehenden Coaches sowohl online als auch in Präsenzseminaren vermitteln. Was gilt es hinsichtlich der Gründung für uns zu beachten? Wir sind uns u.a. sehr unsicher, was die Rechtsform betrifft. Sind wir Gewerbetreibende, wenn wir unsere Kurse online verkaufen und der Kunde gar nicht zu den Präsenzseminaren erscheint?

Antwort

Betriebswirtschaftliches Coaching kann auch als unterrichtende Tätigkeit und damit ebenfalls freiberuflich im steuerlichen Sinn angesehen werden. Unterricht ist in diesem Sinn die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form (Bundesfinanzhof-BFH XI R 2/95 BStBl II 1997, Seite 687). Für eine spezifisch individuelle Leistung, wie es die Lehrtätigkeit ist, gelten dabei besonders enge Maßstäbe. Selbstständige Arbeit in Form unterrichtender Tätigkeit setzt voraus, dass der Steuerpflichtige durch persönliche und eigenverantwortliche Lehrtätigkeit Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln sucht. Danach ist ein für einen institutionalisierten Unterricht typisches Lehrprogramm und auf eine persönliche Beziehung des Unterrichtenden zum Schüler erforderlich.

Der Unterrichtscharakter muss durchgängig gewährleistet sein, eine punktuelle Anleitung genügt nicht (Fitnessstudio siehe BFH-Urteil IV R 79/92 in BStBl II 94 Seite 362). Der Unterricht erfordert also ein schulmäßiges allgemeingültiges Programm eines bestimmten Fachgebietes. Dies schließt Individualunterricht nicht aus. Lassen sich jedoch Kenntnisse nicht aufgrund eines für das bestimmte Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lehrprogramms vermitteln, sondern erfordert die Tätigkeit die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten, nicht auf einen Fachbereich beschränkten Programms, so stellt dies keine Lehrtätigkeit in organisierter und institutionalisierter Form mehr dar. Es handelt sich hierbei um eine beratende Tätigkeit.

Eine wissenschaftliche Ausbildung ist bei der unterrichtenden Tätigkeit nicht erforderlich, bei der beratenden Dienstleistung sollte ein einschlägiges Studium gegeben sein. Entscheidend ist, dass der Unterrichtende die sein Unterrichtsgebiet betreffenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, sowie die Fähigkeit, diese den Schülern zu vermitteln (BFH IV R 130/79 v. 1. 4. 1982, BStBl. II 82, 589 = BFHE 136, 86). Wenn eine beratende Tätigkeit vorliegt, sollten Berater ohne Studienabschluss zur Vermeidung der Einstufung als gewerblich beachten: Theoretische Kenntnisse auf allen Gebieten der Betriebswirtschaft müssen anhand praktischer Arbeiten nachgewiesen werden. Bei der Darstellung der Tätigkeit gegenüber den Finanzbehörden sollte man deshalb auf die hinreichende Breite und Tiefe der Kenntnisse und deren Anwendung im Rahmen einer anspruchsvollen Tätigkeit achten. Sofern möglich, ist dieser Aspekt bereits bei der Übernahme von Beratungsverträgen (Auswahlentscheidung) in Betracht zu ziehen. Spätestens bei der Darstellung gegenüber den Finanzbehörden sollte man jeglichem Eindruck entgegenwirken, eine schädliche Spezialisierung oder die Tätigkeit im Rahmen eines eigenständigen Berufsbildes sei anzunehmen. Werden neben freiberuflichen Tätigkeiten auch unzweifelhaft gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt, muss durch organisatorische und vertragliche Maßnahmen die Trennbarkeit sichergestellt werden.

Mit der Online-Dienstleistung wird es richtig kompliziert. Denn: Freiberufler erbringen ihre Dienstleistungen persönlich und eigenverantwortlich (siehe oben). Im Internet bedeutet dies, dass ein deutlich interaktiver Austausch vorliegen muss in individueller und spezifischer Form. Dies wiederum wäre wohl Einzelunterricht und damit ist die Abgrenzung von der Beratung wichtig. Ist das Business-Coaching im Internet hinreichend persönlich (einen genauen Maßstab gibt es hierfür nicht), so ist diese Anforderung an die steuerliche Freiberuflichkeit erfüllt. Es gibt nach vorliegenden Erkenntnissen auch keine Rechtsprechung zu der Frage, ob "persönlich" auch über Internet möglich ist oder nicht. Darüber hinaus sind Erfolgshonorare auszuschließen und eine Finanzierung über andere Quellen wie Internet-Werbung oder Sponsoring nur in sehr geringem Umfang vereinbar.

Der wichtigste Aspekt der Rechtsformwahl ist die Haftung. Sind die Haftungsrisiken größer, bietet sich die Rechtsform der GmbH (Mindeststammkapital 25.000 Euro) oder der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (Mindestkapital 1 Euro) an. Die Unternehmergesellschaft ist allerdings bei Geldgebern nicht gerne gesehen, weil dort das Haftungsrisiko minimiert ist. Sind die Haftungsrisiken gering, können Sie auch eine GbR gründen (auch BGB-Gesellschaft). Bedenken Sie auch, dass die Umwandlung einer Personengesellschaft (wie der GbR) in eine Kapitalgesellschaft (wie die GmbH) möglich ist. Sie sind also nicht auf alle Zeiten festgelegt.

Angehörige der Freien Berufe können auch eine Partnerschaftsgesellschaft gründen. Diese gibt es in zwei Erscheinungsformen:

  1. Partnerschaftsgesellschaft PartG: Für berufliche Fehler erstreckt sich die Haftung neben dem Gesellschaftsvermögen auf diejenigen Partner, die mit der Bearbeitung eines Auftrags tatsächlich befasst waren. Für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft haften die Partner als Gesamtschuldner mit ihrem Privatvermögen persönlich.
  2. Es gibt noch Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung. Diese wird hier nicht näher erläutert, weil sich der Geltungsbereich der PartGmbB (noch) auf die Berufe der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in allen Bundesländern beschränkt. Bei Architekten und Ingenieuren haben einzelne Bundesländer die erforderlichen gesetzlichen Änderungen vorgenommen. Da der Stand der Anpassungen sich ständig verändert, wird eine Anfrage bei den jeweiligen Kammern empfohlen. Die Einbeziehung weiterer Berufe ist abhängig von der Einführung entsprechender rechtlicher Regelungen.


Sie sollten unbedingt beachten, inwieweit Sie Ihrer Geschäftstätigkeit so genannte "Allgemeine Geschäftsbedingungen" zugrunde legen wollen. Zu dieser Frage empfehle ich die Einholung von Rechtsrat.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle zum Thema Rechtsformen das Informationsangebot des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie empfehlen unter www.existenzgruender.de.
Dort finden Sie auch ein e-Training zur Rechtsformwahl und viele andere wichtige und nützliche Informationen.

Sollten Sie die Unternehmensbezeichnung "Institut" planen, bitte ich dies zu beachten: Die Bezeichnung Institut (wie auch Anstalt) erfreut sich, ähnlich wie "Dienst" und "Stelle" allgemeiner Beliebtheit, weil sie einen - wenn auch schwachen - Schein eines öffentlichen oder unter öffentlicher Aufsicht stehenden Betriebes bieten. Gerade dieser Eindruck muss aber vermieden werden. Die Bezeichnungen sind daher für Unternehmen nur dann zulässig, wenn entsprechende aufklärende Zusätze (z.B. "Beerdigungsinstitut", "Institut für Schönheitspflege") oder Inhaberbezeichnungen (z.B. "Christine-Scholz-Institut für Schädlingsbekämpfung") zur Charakterisierung der Betriebsart geführt werden. Zu berücksichtigen sind örtliche Besonderheiten. Bei Gemeinden mit öffentlichen wissenschaftlichen Anstalten und Einrichtungen (Universitäten, Kliniken usw.) wird zur Vermeidung von Irreführungen allgemein ein strengerer Maßstab als sonst üblich anzulegen sein. (DIHT-Leitsatz)

Beachten Sie bitte noch, dass selbstständig Unterrichtende grundsätzlich der Rentenversicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung Bund unterliegen. Nähere Informationen finden Sie unter www.deutsche-rentenversicherung.de (www).
Im Falle einer beratenden Dienstleistung liegt keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung vor.

Beachten Sie bitte auch: Es kommt immer wieder vor, dass die Anmeldungen von (vermeintlichen) Freiberuflern bei den Finanzämtern ohne nähere Prüfung akzeptiert werden. Betroffene Personen gehen dann ebenso häufig wie fälschlich von einer Anerkennung als Freiberufler aus. Wenn Sie sich trotz Unsicherheit als freiberuflich (im Steuerdeutsch: selbstständig) bei Finanzamt anmelden, so ist dies unschädlich, so lange nicht eine Betriebsprüfung nachträglich ein Gewerbe feststellt.

Beachten Sie bitte: Eine Sicherheit für die Einstufung als Freiberufler im steuerlichen Sinne gibt nur die so genannte "verbindliche Auskunft" des Finanzamtes. Eine derartige Festlegung der Finanzverwaltung ist jedoch mit sehr hohen Anforderungen und Kosten verbunden. Die Höhe der Einkommensgrenze, ab der Sie tatsächlich Gewerbesteuer zahlen müssten, hängt von persönlichen und örtlichen (Hebesatz) Verhältnissen ab.

Quelle:
Dr. Willi Oberlander M.A.
Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg e.V. (IFB)
August 2014

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