Orientieren: Praxisbeispiele
Hier finden Sie – verfremdet, aber der Praxis entnommen – kurze Beispiele für die gängigsten Lösungen bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen aus verschiedenen Branchen.
Themen
- Belegschaftsaktien
- GmbH-Beteiligung
- (Direkte) stille Beteiligung
- (Indirekte) stille Beteiligung über eine Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft
- Genussrechte
- Mitarbeiterdarlehen
Genussrechte
Die Möbel Design GmbH, die rund 250 Mitarbeiter beschäftigt, führt eine Beteiligung in Form von Genussrechten ein. Die Inhaberfamilie will die Mitarbeiter am gestiegenen Erfolg des Unternehmens teilhaben lassen. Genussrechte erscheinen der Geschäftsführung als das am leichtesten zu praktizierende Beteiligungsmodell mit dem größtmöglichen Gestaltungsfreiraum.
Mit Ausnahme der Praktikanten können alle Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten inklusive der Auszubildenden jeweils zu Jahresbeginn Genussrechte erwerben. Die Genussrechte werden in Form von Genussscheinen zu einem Nennwert von 50 Euro verbrieft. Möglich sind Einlagen von 300, 600 oder 1.000 Euro. Die Zuflüsse zu den Kapitalbeteiligungen kommen aus Sonderzahlungen und Prämien, aber auch aus dem Einsatz von vermögenswirksamen Leistungen. Im Einzelfall können Mitarbeiter auch Arbeitsstunden aus dem Gleitzeitkonto anrechnen lassen. Ratenzahlung ist möglich.
Das Beteiligungsmodell bedeutet für die Mitarbeiter gleichzeitig Chance und Risiko: Am Anfang eines Jahres wird eine Mindestschwelle für eine Umsatzrendite bestimmt. Wird diese Schwelle am Ende des Jahres überschritten, erhält der Beschäftigte eine Auszahlung, die linear an die Renditeschwelle gekoppelt ist. Wird z.B. eine vorgegebene Mindestrendite von z.B. 2% erreicht, bekommen die teilnehmenden Beschäftigten ihren Einsatz (Genussrechtsnominalwert) in voller Höhe ausgezahlt. Beläuft sich die Rendite dagegen auf 2,5%, wird der Einsatz mit dem Faktor 1,25 multipliziert. D.h. die Teilnehmer bekommen nicht nur ihren Einsatz zurück, sondern sie profitieren auch von einer Zinsausschüttung.
Macht das Unternehmen jedoch Verluste, kann das Genussrechtskapital zur Deckung verwendet werden. In diesem Fall, haben die Genussrechtsinhaber keinen Rückzahlungsanspruch.
Statt Auszahlung ist auch eine Umwandlung in neue Genussscheine möglich. Dies kommt in der Praxis aber eher selten vor. Im Fall eines (Teil-)Verlustes des Einsatzes hat der Beschäftigte das Recht, die Hälfte des verlorenen Einsatzes als Gutschrift für das folgende Jahr anrechnen zu lassen.
Das Modell ist für die Beschäftigten finanziell ein Erfolg. In den ersten Jahren nach Einführung wird das Kapital durchschnittlich mit dem Faktor 1,8 multipliziert. 1.000 Euro Einlage erbringen also einen Zinsertrag von 800 Euro pro Jahr. Dass die Beteiligung aber auch auf Motivation und Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiter positiv wirkt, steht für die Geschäftsleitung außer Frage. Die Kapitalbeteiligung bringt dem Unternehmen Vorteile: Finanzkraft und Investitionsfähigkeit werden gestärkt und das Rating verbessert.
Ein auf Initiative der Geschäftsleitung gegründeter Partnerschaftsausschuss vertritt gegenüber dem Unternehmen die Interessen der Genussrechtsinhaber. Er besteht aus sechs Mitgliedern, die von den Genussrechtsinhabern für vier Jahre gewählt werden, und wirkt bei der Ausgestaltung der jährlichen Zeichnungsaktionen sowie bei eventuell notwendig werdenden Änderungen der Bedingungen mit. Vertraglich festgelegt wird, dass der Partnerschaftsausschuss besondere Informationsrechte bezüglich Geschäftslage, Bilanzen, Jahresabschlüsse und Ermittlung der Gewinnbeteiligung des Genussrechtskapitals hat. Darüber hinaus ist er im Unternehmen "Sprachrohr" für die Idee der Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern.